Historischer Hintergrund

1542 ereigneten sich in Pirna drei rätselhafte Selbstmorde. Wir wissen heute davon, weil sich eine der herausragenden Persönlichkeiten jener Zeit – nämlich Martin Luther – mit dieser Geschichte befassen musste:

Der Marktplatz zu Pirna

Bernardo Belotto, genannt Canaletto: Der Marktplatz zu Pirna , Staatliche Kunstsammlungen Dresden (Foto: Estel/Kluth)

 

Vermutlich im Sommer 1542 bekommt Luther einen Brief aus Pirna. Superintendent Anton Lauterbach ist tief erschüttert über Ereignisse in seiner Gemeinde und sucht bei seinem Mentor Luther Rat und Trost. Leider blieb dieser Brief nicht erhalten, dafür existiert Luthers Antwortschreiben an Lauterbach noch.

Aus Luthers Brief vom 25.Juli 1542 geht hervor, dass sich drei Mitglieder aus Lauterbachs Gemeinde unter äußerst merkwürdigen Umständen erhängt haben. Luther und Lauterbach waren der Meinung, dass diese Ereignisse der Teufel persönlich bewerkstelligt haben müsse. Schließlich sei es unmöglich, dass man sich sitzend, stehend oder an einem locker eingeschlagenen Pfahl erwürgen könne. Am Rand seines Antwortschreibens notiert Luther noch: „Hans Franck hat sich stehend an ein Strohseil an ein klein Holz, welches nicht über einen quer Finger in der Mauer stak, erhängt.“

Soweit die historisch belegbaren Fakten, die allerdings jede Menge Fragen aufwerfen:

Handelte es sich bei den drei Todesfällen tatsächlich um Selbstmorde?

Selbstmord galt damals immerhin als schwere Sünde. Jemand, der Hand an sich gelegt hatte, durfte nicht mit christlicher Zeremonie auf dem Friedhof bestattet werden. Selbstmörder wurden stattdessen vom Abdecker an der Friedhofsmauer oder auf der Richtstatt verscharrt.

Natürlich gab es auch damals Menschen, deren Verzweiflung so groß war, dass ihnen alles egal wurde. Aber drei Selbstmorde in einem halben Jahr in einer Stadt mit 3000 Einwohnern? Und alle wurden durch Erhängen unter eigenartigen Umständen begangen. Zumindest waren sich die Zeitzeugen darin einig, dass es bei diesen Vorkommnissen nicht mit rechten Dingen zugegangen sein kann.

Oder ging damals in Pirna ein besonders gerissener Mörder um, der seine Taten verschleierte und als Selbstmorde tarnte?

Diese Fragen ließen mich nicht mehr los, seitdem ich im Herbst 2011 die Details in der „Reformationsgeschichte Pirnas“ von Reinhold Hofmann gelesen hatte. Wie Luther und Lauterbach konnte ich mir nicht vorstellen, dass sich jemand auf so eigenartige Weise selbst erhängen würde. Im Gegensatz zu den beiden Reformatoren glaubte ich jedoch, hierbei müsse es sich um Mord handeln. Nur sind Glauben und Wissen bekanntlich nicht dasselbe, weshalb ich beschloss, einen Spezialisten zu fragen. Jemand, der sich hauptberuflich mit mehr oder weniger rätselhaften Todesfällen beschäftigt, würde mir doch sicher sagen können, ob ich mit meiner Vermutung richtig lag.

Also telefonierte ich mit dem (laut Radio eins) berühmtesten Kriminalbiologen der Welt – mit Dr. Mark Benecke. Er bedachte die dürftigen Fakten und meinte, es sei sehr wohl möglich, sich auf die beschriebene Weise zu erhängen. Allerdings wäre auch noch anders denkbar: ein Unfall bei Würgespielen vielleicht oder auch mit autoerotischem Hintergrund. Oder aber, der „Unfall“ könne die Folge einer Folterung gewesen sein.

Trieb damals in Pirna tatsächlich jemand ein teuflisches Spiel? Aber wer? Und warum?

Meine Antworten darauf ergaben am Ende einen ganzen Roman! Der erscheint erstmals im September 2017 beim Deutschen Taschenbuchverlag. Und wer jetzt neugierig geworden ist, der sollte ihn unbedingt lesen!

Da dieser historische Roman das erste Buch ist, das ich veröffentliche, ist der ganze Prozess für mich natürlich noch vollkommen neu und ziemlich aufregend. Aber auch Freunde und Bekannte, die mein Buchprojekt schon seit ein paar Jahren verfolgen, fragen mich immer wieder: Wann erscheint dein Buch denn endlich? Und warum dauert das so lange?

Deshalb habe ich mich entschlossen, in den Monaten, die bis zum September noch verbleiben, die Entstehung des Buches auf meiner Homepage nachvollziehbar zu machen.

Link zu: Von Maulschellen und raufenden Ratsherrn